Über die Lebensdauer von Pastellbildern
Natürlich ist ein mit Pastellkreide hergestelltes Bild sehr empfindlich gegen mechanische Verletzungen. Bereits ein leichter Atemzug oder das Hochheben des Papiers kann den Farbstaub aufwirbeln und das Bild verändern.
Durch sorgfältiges Fixieren und Einrahmen unter Glas können Pastellbilder aber durchaus eine große Lebensdauer erreichen. So erhalten Pastelle auch nach mehrere Jahrhunderten ihre frischen Farben, da sie im Gegensatz zu Ölbildern nicht gilben und keinen „Galerieton"entwickeln. Ebenso sind chemische Reaktionen zwischen Farbstoff und Bindemittel, sowie mechanische Störungen durch Schollenbildung, Reißen, Abblättern nicht möglich, da Pastelle aus reinem Farbstoff ohne Bindemittel bestehen.
Durch die große Menge an Farbpigmenten, die bei Pastellen aufgetragen werden, sind die Farben äußerst lichtbeständig. Selbst wenn die Pigmente sich langsam durch den Luft-Sauerstoff und das Licht verändern, so dauert es durch die dicke Farbschicht sehr viel länger, als beispielsweise bei einem Aquarellbild, wo nur ein transparente dünne Schicht auf dem Papier liegt.
Allerdings sind die pulvrige Pastellfarbschichten von allen Seiten dem Sauerstoff ausgestezt, weshalb der Pastellmaler auf sehr gute Qualität und Lichtbeständigkeit seiner Kreiden und Stifte achten sollte.
Die Grundstoffe, die den Pastellstiften zur Erzeugung besonders der hellen Farbtöne beigemischt werden wie die Schlemmkreide, beeinflussen in keinster Weise negativ die Haltbarkeit der Bilder, da sie chemisch nicht auf die Farbstoffe einwirken oder sie gar verändern.
Fazit: Wenn das Pastell gegen grobe mechanische Verletzungen etwa durch Fixierung und Glas geschützt wird, ist es ein sehr dauerhaftest Kunstwerk.
Quelle: Seite 20f, Malerbriefe, Beiträge zur Theorie und Praxis der Malerei von W. Ostwald, Leipzig, Verlag von S. Hirzel, 1904:
“ Ein mit solchen Stiften hergestelltes Bild ist zwar sehr empfindlich gegen mechanische Verletzungen — schon der Spaziergang einer Fliege kann den Farbauftrag in Unordnung bringen —, es kann aber, wenn solche Störungen durch sorgfältiges Einrahmen unter Glas ausgeschlossen sind, eine sehr große Lebensdauer erreichen. Es wird dies u. a. durch die Pastelle der Dresdener Gemäldegalerie belegt, welche mehrere Jahrhunderte alt sind. Insbesondere fehlt auch den ältesten Pastellen ganz und gar der braune „Galerieton", der sich an fast allen Ölbildern entwickelt, und ihre Farbenfrische scheint gänzlich unberührt von der Zeit zu sein.
Dies rührt daher, dass derartige Bilder aus reinem Farbstoff ohne Bindemittel bestehen. Die Beständigkeit, welche den Farbstoffen für sich oder in gegenseitigem Gemisch eigen ist. Dauerhaftigkeit kommt auch dem Pastellbild zu, und die vielfachen Veränderungen, welche die Bindemittel der Tempera- und insbesondere der Ölbilder im Laufe der Zeit erfahren, und in denen die Ursache des langsamen Unterganges solcher Werke liegt, sind hier ganz ausgeschlossen. Ebenso sind chemische Wechselwirkungen zwischen Farbstoff und Bindemittel, sowie mechanische Störungen durch Schollenbildung, Reissen, Abblättern nicht möglich.
Da ferner der Farbauftrag im Pastell eine gewisse Dicke hat, so beruht jede einzelne Farbwirkung an den verschiedenen Bildstellen auf der Anwesenheit einer verhältnismäßig großen Menge Farbstoff. Selbst wenn dieser einer langsamen Zerstörung, etwa durch den Sauerstoff der Luft, unterliegt, so wird es beim Pastell sehr viel langer dauern, bis das Verschwinden des Farbstoffes merklich wird, als beispielsweise bei einem Aquarellbild, dessen Farbwirkung auf der überaus dünnen Farbschicht beruht, welche als durchsichtiger Hauch über den weißen Untergrund gelegt ist.
Dagegen ist allerdings von der anderen Seite hervorzuheben, dass der Farbstoff des Pastells vermöge seiner pulverigen Beschaffenheit dem Angriffe des Luftsauerstoffs von allen Seiten ausgesetzt ist ; ist er daher durch diesen angreifbar, so erfolgt der Angriff auch verhältnismäßig schnell. Dies zeigt sich sehr Dauerhaftigkeit deutlich an den mit lichtempfindlichen Farbstoffen, wie Karmin und viele künstliche „Anilinfarben", hergestellten Pastellstiften , welche leider im Handel nicht selten vorkommen. Da es eine genügende Auswahl von Farbstoffen gibt, welche jede Gewahr der Beständigkeit bieten, so muss man derartige Stifte von der Anwendung (außer zu Eintageszwecken) völlig ausschließen und im Zweifelsfalle sie einer strengen Prüfung unterwerfen. Hierüber findet sich weiter unten eine Anleitung.
Der Grundstoff, welcher den Pastellstiften zur Erzeugung der helleren Tone in steigender Menge zugesetzt wird, die Schlemmkreide, bietet vom chemischen Standpunkte aus keine Bedenken. Als natürlich vorkommender Stoff steht er in Bezug auf seine Beständigkeit außer Zweifel, und seine Zusammensetzung (Calciumcarbonat) lasst besondere chemische Einwirkungen auf die Farbstoffe kaum befürchten. Insbesondere ist Kreide ganz unwirksam gegenüber den anorganischen Farbstoffen, den Oxyden des Eisens, Mangans, Kupfers usw., dem Ultramarin, dem Kobalt, den Chromaten usw. Am ehesten ist noch eine Einwirkung der Kreide auf Preussischblau, das Ferrocyaneisen, zu befürchten, da dieses durch basische Stoffe unter Gelbfärbung (Abscheidung von Eisenoxyd unter Bildung eines anderen Ferrocyansalzes) zersetzt wird und der kohlensaure Kalk leicht Dauerhaftigkeit unter Verlust von Kohlensaure basisch wird. Indessen scheinen die zur Reaktion erforderlichen Bedingungen weder bei der Herstellung der Farbstifte, noch bei der Aufbewahrung der Bilder einzutreten, so dass Preussischblau auch für Pastell als ein beständiger Farbstoff angesehen werden kann.
Zieht man alle diese Umstände in Betracht, so gelangt man zu dem etwas überraschend erscheinenden Resultate, dass in Pastell hergestellte Bilder, wenn sie gegen grobe mechanische Verletzungen durch Glas geschützt sind, so ziemlich die dauerhaftesten Produkte der malerischen Technik sind. [...]“
Weitere Informationen:
Abbildungen:
Folge uns